(Sozialhilfe)Recht einfach!

Anspruchsverfolgung gegen Dritte

In dieser neuen Kolumne erklärt Sozialhilfe-Rechtsberaterin Karin Berger gesetzliche Vorgaben. Die Juristin „übersetzt“ Judikatur oder gibt Tipps für die Praxis. Im aktuellen Beitrag setzt sie sich mit dem Thema „Anspruchsverfolgung gegen Dritte“ auseinander.

Anspruchsverfolgung gegen Dritte oder: Muss ich mein Kind / meine hoch betagten Eltern auf Unterhalt klagen, damit ich Sozialhilfe bekomme?
Derzeit treten diese Fragen in der Rechtsberatung sehr häufig auf. Sozialhilfebezieher:innen werden von der Behörde aufgefordert, „Ansprüche gegen Dritte zu verfolgen“. So steht es im Gesetz. Damit ist auch die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen gemeint.
Tatsächlich ist das Sozialhilferecht so aufgebaut, dass zuerst alle anderen „Geldquellen“ ausgeschöpft werden müssen bevor der Staat eingreift (Subsidiaritätsprinzip). Die Behörde darf also grundsätzlich verlangen, dass Unterhaltsansprüche verfolgt werden. Freilich ist das an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Die Verfolgung der Ansprüche darf nämlich nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar sein.

Das ist ein Bild von Karin Berger
Sozialplattform OÖ/Nell Leidinger

Unterhaltsanspruch nur bei fehlender Selbsterhaltungsfähigkeit

Einen Anspruch auf Unterhalt hat man grundsätzlich nur, wenn man nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen. Das Gesetz nennt das fehlende „Selbsterhaltungsfähigkeit“. In der Praxis kommt es recht oft vor, dass dieser Wegfall der Selbsterhaltungsfähigkeit von der Behörde nicht genauer überprüft wird. Wenn man „nur“ arbeitslos ist und deshalb weniger Einkommen zur Verfügung hat, heißt das nicht, dass man gleich nicht mehr in der Lage ist für sich selbst zu sorgen. Bei bestehender Selbsterhaltungsfähigkeit hat man also keinen Anspruch auf Unterhalt und es wäre vollkommen aussichtslos, hier zu Gericht zu gehen. Die Behörde darf nicht verlangen, dass solche aussichtslosen Rechtswege beschritten werden müssen!

ACHTUNG: Erwachsene können die Selbsterhaltungsfähigkeit im Laufe ihres Lebens wieder verlieren. Wenn man nicht mehr erwerbsfähig ist, hat man gegenüber den Eltern – egal wie alt man selbst ist bzw. die Eltern sind – einen Anspruch auf Unterhalt.

Wann müssen Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen?

Dass Eltern für ihre Kinder Unterhalt leisten müssen, ist allgemein bekannt und wird auch von Betroffenen noch eher verstanden. Der umgekehrte Fall, dass Kinder für ihre Eltern finanziell sorgen müssen, kommt selten vor und ruft Unverständnis hervor. Aber auch das ist in der österreichischen Rechtsordnung vorgesehen. Wenn die Eltern nicht mehr für sich selbst sorgen können, sind die Kinder unterhaltspflichtig.

Die Voraussetzungen sind aber etwas strenger:

  • Wenn der Elternteil selbst seine Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind in der Vergangenheit gröblich vernachlässigt hat, kann man vom Kind nicht verlangen, dass es diesen Elternteil finanziell unterstützt.
  • Der Vater/die Mutter muss zuerst Unterhalt vom aktuellen oder geschiedenen Ehepartner einfordern.
  • Eigene Kinder gehen den Eltern immer vor! D.h. wenn das unterhaltspflichtige Kind selbst schon Kinder hat, für die es sorgen muss, dann ist das bei der Festsetzung des Unterhalts für den Elternteil zu berücksichtigen.
  • Der eigene Unterhalt darf nicht gefährdet werden.

Was passiert, wenn ich der Aufforderung der Behörde nicht nachkomme?

Wenn alle Voraussetzungen vorliegen, also die Anspruchsverfolgung zumutbar und nicht offenbar aussichtslos ist, muss der Aufforderung der Behörde auch nachgekommen werden. Ansonsten wird die Leistung eingestellt werden! Auch eine Abtretung des Anspruchs zur weiteren Verfolgung an die Behörde ist im Gesetz vorgesehen. D.h. die Behörde könnte dann selbst den Rechtsweg beschreiten.
Wenn man tatsächlich Geld von den Eltern/vom Kind bekommt, dann darf dieser Unterhalt auch bei der Sozialhilfe abgezogen werden.

WICHTIG: Der Unterhalt muss aber wirklich eingehen, ein bloß auf dem Papier festgesetzter Betrag reicht nicht aus für eine Anrechnung bei der Sozialhilfe.
Fazit: Es lohnt sich, im Einzelfall genau hinzusehen, ob man wirklich zu Gericht gehen muss oder vielleicht eine Klärung auf anderem Weg möglich ist.
In der Rechtsberatung sehe ich mir gerne Ihren Fall an!

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