2017 veröffentlichte Studiendaten zeigen auf, welche Personengruppen überproportional von einer Nicht-Versicherung betroffen sind: Häufig weisen nicht krankenversicherte Personen eine sozio-ökonomisch prekäre Lage auf, die sich z.B. in Wohnungslosigkeit, geringer Einbindung in den Arbeitsmarkt oder geringem Einkommen abbildet. Personen ohne Sozialleistungsansprüche, etwa in Hinblick auf eine die Krankenversicherung möglich machende Sozialhilfe, sind hier auch zu nennen.
Wer einen Wohnsitz in Österreich hat, kann bei sonst fehlendem Sozialversicherungsschutz bei der ÖGK eine freiwillige Selbstversicherung in der Krankenversicherung abschließen. Dieser Schutz ist im Jahr 2025 grundsätzlich für einen monatlichen Beitrag von 526,79 Euro möglich und umfasst – nach einer Wartezeit von 6 Monaten – Sachleistungen, allerdings keine Geldleistungen wie das Wochengeld. Auf Basis der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse kann der Beitrag auf Antrag reduziert werden. Laut mündlicher Auskunft der ÖGK fällt 2025 auch nach Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse ein Beitrag von mindestens 120 Euro pro Monat an. Wie schon erläutert: Häufig befinden sich nicht krankenversicherte Personen eine sozio-ökonomisch prekären Lage und deswegen stellen 120 Euro pro Monat für eine freiwillige Selbstversicherung in der Krankenversicherung eine große finanzielle Hürde dar.
Beispiele für fehlenden Krankenversicherungsschutz
Die Gründe dafür, über keinen Krankenversicherungsschutz zu verfügen sind vielfältig. In den Vernetzungen der Sozialplattform OÖ berichten immer wieder Sozialorganisationen davon, dass sie Klient:innen begleiten, die über keine Krankenversicherung verfügen. Hier zwei Beispiele die zeigen, wie schnell man über keine Pflichtversicherung in der Krankenversicherung mehr verfügt:
- Ein 55-Jähriger verliert erstmalig in seinem Berufsleben aufgrund einer psychischen Erkrankung seine Arbeitsstelle. Er ist aufgrund seines gesundheitlichen Zustands zu diesem Zeitpunkt nicht in der Lage, sich um die Arbeitslosmeldung beim AMS zu kümmern. Er bekommt damit nicht nur kein Arbeitslosengeld, sondern verliert in Folge seine Krankenversicherung.
- Ein Inhaber der „Rot-Weiß-Rot-Karte“ (Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung) verliert aufgrund wirtschaftlicher Probleme des Dienstgebers seinen Job. Er arbeitete noch nicht lange genug in Österreich, um einen Anspruch auf Arbeitslosengeld und damit einhergehend auf eine Krankenversicherung zu haben.
Auch in der bis Oktober 2024 in der Sozialplattform OÖ angebotenen Sozialhilfe-Rechtsberatung zeigte sich immer wieder: Bei einer gesetzlich möglichen Bearbeitungsdauer eines Sozialhilfe-Antrages von bis zu drei Monaten kommt es vor, dass Sozialhilfe-Bezieher:innen zwischen zwei Sozialhilfe-Bezugsperioden keinen Krankenversicherungsschutz aufwiesen, sofern sie über die Sozialhilfe krankenversichert sind.
Manchen ist vielleicht auch noch in Erinnerung, dass 2021 medial über einen Covid-19 bedingten Rückstau bei der Bearbeitung der Familienbeihilfe von über 170.000 Kinder berichtet wurde. Eine Familienbeihilfebestätigung ist für die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes notwendig, an dem wiederum der Krankenversicherung des beziehenden Elternteils hängt. 2021 mussten einige Elternteile die Erfahrung machen, in der Phase der länger dauernden Bearbeitung der Familienbeihilfe ihren Krankenversicherungsschutz verloren zu haben. Dies wurde ihnen oftmals erst in der Arztpraxis beim Stecken der e-card bewusst.
Krankenversicherungsschutz für Kinder und Jugendliche
Minderjährige werden in Österreich in der Regel bei einem ihrer Elternteile mitversichert. Dies bedeutet: In Österreich können auch Kinder und Jugendliche keinen Krankenversicherungsschutz aufweisen, wenn ihre Eltern(-teile) keinen entsprechenden Schutzstatus aufweisen. Aktuelle Schätzungen gehen von ca. 2.000 betroffenen Kindern und Jugendlichen österreichweit aus.
Im Sinne der Gewährleistung der Kinderrechte gibt es eine Initiative zur Ableitung eines Anspruchs auf Krankenversicherung vom Besuch einer Kinderbildungs- und betreuungseinrichtung oder Schule. Dies könnte mit einer Änderung des §9 des allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) umgesetzt werden und damit eine strukturelle Lücke im System schließen. Über den §9 des ASVG sind etwa auch jene Ukraine-Vertriebene, die ihren Wohnsitz in Österreich haben und nicht schon nach anderer gesetzlicher Vorschrift in der Krankenversicherung einbezogen sind, in die Pflichtversicherung aufgenommen.
Im aktuellen Regierungsprogramm wird unter der Überschrift „Kinderarmut“ eine Kindergrundsicherung angekündigt. Eine der beiden Säulen der Kindergrundsicherung betrifft den Ausbau von Sachleistungen bzw. kindgerechter sozialer Infrastruktur und nennt hier die verbesserte Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche als beispielhaftes Aktionsgebiet. Säule 2 der Kindergrundsicherung beinhaltet die Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Transferleistungen. Bei der Ausgestaltung der in Aussicht gestellten „Kindergrundsicherung“ ergeben sich nun neuerliche Anknüpfungspunkte, den fehlenden Krankenversicherungsschutz von Kindern und Jugendlichen wieder aufzugreifen und die gesetzlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass in Österreich keine Heranwachsenden ohne Krankenversicherungsschutz leben müssen.