Ich bin mir sicher, dass die Neugestaltung der Sozialhilfe auf der Agenda der neuen Bundesregierung sein wird. Das ist auch dringend erforderlich. Es ist wichtig, die unterschiedlichen Systeme, die es aktuell in den Bundesländern gibt, zu harmonisieren und zu vereinfachen. Und es ist unbedingt erforderlich, dass diese neue Sozialhilfe den Menschen einerseits ausreichende Unterstützung beim Weg aus dem Sozialhilfebezug bietet (z.B. in Erwerbsarbeit) und dass andererseits die Standards und Bedingungen der Inanspruchnahme ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Das beinhaltet neben ausreichender existenzieller Absicherung auch eine stärkere Berücksichtigung der Lebensumstände bei Mitwirkungsaufträgen der Behörde. Beispiel: ein Sozialhilfebezieher, der für seine Mobilität auf einen Rollator angewiesen ist, sollte in Zukunft nicht mehr auf Arbeitssuche geschickt werden – wie es in Oberösterreich vorgekommen ist.
Zur Harmonisierung und Vereinfachung der Sozialhilfe und zur armutsfesten Ausgestaltung mache ich jetzt einen Vorschlag, ohne ihn im Detail durchgedacht zu haben:
Verwenden wir doch die EU-SILC-Armutsgefährdungsschwelle und die dort festgelegten Multiplikationsfaktoren für Haushaltsangehörige als Standard für die Höhe der Sozialhilfeleistungen und verzichten dafür auf das Wirrwarr verschiedener Boni, Zuschläge, etc., die schwer verständlich und aufwändig in der Vollziehung der Sozialhilfe sind.
Das würde mehr Geld kosten. Ich betrachte das allerdings als sinnvolle und notwendige sozial- und gesellschaftspolitische Investition. Ich stimme dem Ökonomen Kurt Bayer vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) zu, der meint, dass auf das österreichische Budgetdefizit nicht kurzfristig mit einem Sparpaket reagiert werden sollte, sondern besser in den Sozialstaat zu investieren sei.
Denn der Sozialstaat ist die eigentliche Infrastruktur für den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Prozess – und nicht Nebenbedingung. Und ich meine: der durch Investitionen in den Sozialstaat geschaffene soziale Zusammenhalt ist das Schmiermittel in diesem Prozess.
Wenn das letzte soziale Netz in einer wohlhabenden Gesellschaft wie unserer nicht dafür verwendet wird, Menschen in einer existenziellen Notlage so abzusichern, dass ein menschenwürdiges Leben ohne Armut möglich ist, dann versagen Politik und Verwaltung. Sie versagt auch bei der Umsetzung des Oö. Sozialhilfegesetzes: § 1 (1) lautet: „Aufgabe der Sozialhilfe ist die Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die
damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft für jene, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.“